Tiere in der Einrichtung
Heike Weber – Geschäftsführerin der Sozialen Initiative Camburg e.V., Juristin, Mediatorin, ADHS-Beraterin, ADHS-Trainerin, Elternberaterin, Fachkraft für tiergestützte Intervention mit Schwerpunkt Hund
Die meisten Kinder wünschen sich irgendwann ein Haustier. Aber nicht alle Eltern wollen oder können diesen Wunsch erfüllen. Sollten wir uns deshalb ein Tier in die Einrichtung holen? Vieles spricht dafür, aber es sollten einige Voraussetzungen dafür vorliegen.
Erstens muss der Träger hinter dem Vorhaben stehen, die Eltern müssen überzeugt werden, die Versicherung der Einrichtung ist zu überprüfen.
Zweitens müssen wir überlegen, was wir wollen: wollen wir Tiere in der Einrichtung? Diese müssen auch an den Wochenenden und Feiertagen gepflegt werden. Oder wollen wir regelmäßig Tiere besuchen auf einem Bauernhof oder ähnlichem? Dafür muss der Weg dorthin organisiert werden. Oder holen wir uns eine Fachkraft für tiergestützte Intervention in unser Haus?
Es ist wissenschaftlich durch sehr viele Studien belegt, dass es den Kindern guttut, mit Tieren aufzuwachsen. Der Blutdruck sinkt, der Oxytocin-Spiegel steigt, das Kuschelhormon breitet sich im Körper aus.
Gerade Kinder, denen es schwerfällt, sich in Gruppen einzufügen oder die Probleme mit der Impulskontrolle haben, erleben im Umgang mit dem Tier bedingungslose Zuneigung und niemals eine Vorverurteilung. Diese Kinder sind oft nicht wieder zu erkennen im Umgang mit Tieren.
Der Umgang mit dem Tier verlangt Verantwortung und eventuell auch ein Überschreiten eigener Grenzen und Komfortzonen. Manche Kinder haben zu Beginn noch Angst und lernen dann, dass man diese überwinden kann, weil sie das Tier kennen lernen und damit auch Verantwortung übernehmen können.
Das Tier gibt den Kindern das Gefühl gebraucht zu werden, sie lernen Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Sie lernen, dass sie das auch können und dass ihr Handeln etwas bewirkt: nämlich, dass sich das Tier wohl fühlt.
Sozial-emotionale Fähigkeiten werden dabei auf eine ganz besondere Weise erlernt und verinnerlicht. Es wird quasi ganz nebenbei vermittelt, wo die Grenzen des Gegenübers liegen, und es werden auch soziale Absprachen – wer holt wann das Wasser, wer sorgt für Futter, wer kümmert sich um das Wohl des Tieres- ganz automatisch getroffen und eingehalten.
Trotzdem liegt die eigentliche Verantwortung für den gesamten tiergestützten Prozess natürlich bei den Erwachsenen. Einzelne Mitarbeiter sind verantwortlich für die Sicherheit von Kind und Tier, egal wie die Arbeit mit den Tieren in der Einrichtung abläuft. Da gibt es nichts daran zu rütteln und das will vorher bedacht sein.
Und schon aus diesem Grund ergibt sich, dass es wichtig ist, wer zu uns in die Eirichtung kommt oder wo wir hingehen.
Dabei kann man auf gute Informationsmöglichkeiten zurückgreifen. Im Schulhundweb oder unter www.lernen-mit-tieren.de , www.tiergestuetzte- therapie.de kann man sich informieren, welche Fachkraft für Tiergestützte Intervention eine gute Ausbildung hat. Das ist wichtig und sichert eine gute Qualität der Arbeit mit den Tieren.
Und dann kann’s auch schon los gehen. Die Kinder lernen schnell sehr viel über die Natur und die Pflege von Haustieren und sie können es genießen, mit den Tieren zusammen zu sein.
Manchmal ist der Besuch eines Tieres in der Einrichtung ein viel größerer Trost in schwierigen Lebenslagen, als es jedes Wort es sein könnte. Was übrigens durchaus auch für Erwachsene gilt.
Es steht also ein großes JA hinter der Frage: sollten wir tiergestützt in der Einrichtung arbeiten? Denn es tut der Seele gut.
Klar! Tiergestützte Pädagogik ist ein Ansatz, bei dem Tiere gezielt in pädagogische Prozesse eingebunden werden, um das Lernen und die Entwicklung von Kindern und Erwachsenen zu fördern. Der Einsatz von Tieren, insbesondere Hunden, Pferden oder auch Kleintieren wie Kaninchen, hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, sowohl in Schulen als auch in therapeutischen Kontexten.
Hier sind ein paar wichtige Aspekte der tiergestützten Pädagogik:
1. Ziele der tiergestützten Pädagogik
- Förderung von sozialen Kompetenzen: Tiere können dazu beitragen, dass Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen, Empathie zu entwickeln und soziale Fähigkeiten wie Kommunikation und Kooperation zu verbessern.
- Emotionale Unterstützung: Besonders in schwierigen Lebensphasen oder bei emotionalen Herausforderungen kann die Nähe zu Tieren beruhigend wirken und Vertrauen aufbauen.
- Motivation und Konzentration: Tiere können dazu beitragen, dass Kinder motivierter und konzentrierter sind, vor allem wenn sie an Aktivitäten teilnehmen, die sowohl Spaß machen als auch lehrreich sind.
- Förderung der Selbstwahrnehmung: Der Umgang mit Tieren kann Kindern helfen, ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse besser wahrzunehmen und zu reflektieren.
2. typische Einsatzgebiete
- Schulen und Kindergärten: Hier werden Tiere oft eingesetzt, um das soziale Miteinander zu fördern oder als Unterstützung bei der Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen (z.B. Kindern mit Autismus oder ADHS).
- Therapeutische Einrichtungen: In der tiergestützten Therapie wird oft mit speziell ausgebildeten Tieren gearbeitet, um Patienten bei der Bewältigung psychischer oder physischer Herausforderungen zu unterstützen.Heime und Einrichtungen für ältere Menschen: Tiere können auch in Seniorenheimen oder Pflegeeinrichtungen eine positive Wirkung haben, indem sie den Bewohnern Gesellschaft leisten und so Einsamkeit lindern.
3. Positive Auswirkungen
- Stressreduktion: Die Anwesenheit von Tieren hat nachweislich eine beruhigende Wirkung. Tiere vermitteln Sicherheit und Geborgenheit, was besonders in stressigen Situationen hilfreich ist.
- Steigerung des Selbstwertgefühls: Der Umgang mit Tieren fördert das Selbstbewusstsein, weil Tiere keine Vorurteile haben und Menschen bedingungslos annehmen.
- Verantwortungsbewusstsein: Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen, indem sie sich um Tiere kümmern, sei es beim Füttern, Pflege oder Gassi gehen.
4. Mögliche Herausforderungen
- Allergien und Ängste: Manche Kinder oder Erwachsene können allergisch auf Tiere reagieren oder haben Angst vor bestimmten Tierarten, was den Einsatz von Tieren erschwert.
- Tiergerechter Umgang: Es ist wichtig, dass die Tiere in der pädagogischen Umgebung artgerecht gehalten werden. Ihre Bedürfnisse müssen genauso beachtet werden wie die der Menschen.
5. Beispiele für Tiere in der Pädagogik
- Hundegestützte Pädagogik: Hunde werden oft als „Co-Therapeuten“ in Schulen und therapeutischen Einrichtungen eingesetzt. Sie helfen bei der Arbeit mit traumatisierten Kindern oder solchen mit Verhaltensauffälligkeiten.
- Pferdegestützte Pädagogik: Auch der Kontakt zu Pferden kann einen tiefgreifenden Einfluss auf das Selbstbewusstsein und die sozialen Fähigkeiten von Kindern haben. Hier wird oft das „Reiten“ oder das „Führen“ von Pferden als Teil der Pädagogik genutzt.
- Kleintiere: In vielen Einrichtungen kommen auch Kaninchen, Meerschweinchen oder Vögel zum Einsatz, die Kindern den Umgang mit Tieren näherbringen.
Fazit
Tiergestützte Pädagogik kann eine wertvolle Ergänzung zu klassischen pädagogischen Methoden sein, insbesondere wenn es darum geht, emotionale und soziale Kompetenzen zu fördern. Die Tiere selbst spielen eine zentrale Rolle, da sie oft als Brücke dienen, um schwierige Themen wie Angst, Vertrauen oder Kommunikation anzugehen.
Hast Du spezifische Fragen zu einem bestimmten Bereich der tiergestützten Pädagogik oder möchtest du wissen, wie Du diesen Ansatz vielleicht selbst anwenden kannst?
Seminare der Bildungswerkstatt zum Thema Tiergestützte Pädagogik:
- Tiergestützt – von Achatschnecke über Huhn und Hund bis hin zum Zwergkaninchen | Arbeit mit Tieren in Kita und Schule – Modetrend oder nachhaltige Bildung? am 12.11.2025
- Tiergestützte Intervention in Kita und Schule am 19.02.2026
- Tiergestützt – von Achatschnecke über Huhn und Hund bis hin zum Zwergkaninchen | Arbeit mit Tieren in Kita und Schule – Modetrend oder nachhaltige Bildung? am 09.04.2026
- Tiergestützte Intervention in Kita und Schule am 04.06.2026